Interview mit Gabriele Krone Schmalz

„Es haben alle verloren und es werden alle verlieren!“

Die renommierte Russland-Expertin Gabriele Krone Schmalz behandelt das Thema „Russland und die Ukraine“ am 26. Oktober um 18.30 Uhr in der Stadthalle „stern“.


elbgeflüster®: Im Fokus Ihres Vortrags steht der Russland/Ukraine-Krieg. Leben wir aktuell in einer gefährlichen Zeit?
Gabriele Krone Schmalz: Ja, leider. In gewisser Weise gefährlicher als zu Zeiten des Kalten Krieges. Da gab es wenigstens noch das sogenannte Gleichgewicht des Schreckens und wir sind damals einige Male mit viel Glück an der ganz großen Katastrophe vorbeigeschrammt. Das Tragische ist, dass diese neuerliche Konfrontation durch eine intelligente Sicherheitspolitik hätte verhindert werden können. Die Voraussetzungen dazu waren gegeben, als der sowjetische Präsident Michail Gorbatschow den Umbau (Perestroika) der Sowjetunion angestoßen hat und sensationelle Abrüstungsverträge zwischen den beiden damaligen Supermächten USA und Sowjetunion unterzeichnet werden konnten. Danach wurden ganze Waffensysteme vernichtet. Heute sind ja nicht einmal mehr Kontrolle und Begrenzung im Gespräch.

elbgeflüster®: Sie waren bis zum Kriegsbeginn Ehrenkuratorin des Deutsch-Russischen Forums. Durch Ihre langjährige Nähe zu Russland dürften Sie vom Konflikt emotional besonders betroffen sein.
Gabriele Krone Schmalz: Ja, Krieg hat mich immer schon emotional getroffen. Ganz gleich, wo er stattfand oder stattfindet. In diesem Fall kommt hinzu, dass ich Angst um Freunde und Bekannte habe, die aus meiner Zeit als Korrespondentin in der Sowjetunion stammen und sich demzufolge nicht nur in Russland befinden, sondern auch in anderen ehemaligen Sowjetrepubliken, z.B. Estland, Georgien oder der Ukraine.

elbgeflüster®: Seit über einem Jahr wird in den Medien kontinuierlich über diesen „osteuropäischen“ Krieg berichtet und das einzige traurige Fazit scheint zu sein, dass es nach wie vor keine konkrete Prognose über den Ausgang gibt.
Gabriele Krone Schmalz: Die kann es seriöserweise auch nicht geben. Das wäre Kaffeesatzleserei, aber was ich vermisse, ist eine ernsthafte Debatte über das Kerngeschäft von Politik. Das besteht ganz sicher nicht nur aus Waffenlieferungen. Doch Diplomatie, Verhandeln, Vermitteln – wer darüber substanziell reden will und diese Begriffe nicht nur als Worthülse benutzt, gilt ja schnell als Verräter an Demokratie und Menschenrechten oder als „Putin-Versteher“, mit dem es sich nicht lohnt zu debattieren.

elbgeflüster®: Kann es in diesem langen Konflikt überhaupt noch einen „Sieger“ geben?
Gabriele Krone Schmalz: Nein. Es haben alle verloren und es werden alle verlieren. Unterschiedlich dramatisch, manche mehr, manche weniger, aber einen Sieg in irgendeiner Form kann ich für keine Seite erkennen. Wenn man von den Gewinnen der weltweiten Waffenindustrie mal absieht. An bessere Zeiten kann man sich da vermutlich kaum erinnern.

elbgeflüster®: Wie schätzen Sie die Lage in einer „Post-Putin“-Ära ein? Setzen sich dann Hardliner durch?
Gabriele Krone Schmalz: Auch das ist letztlich sehr spekulativ. Aber nach der Vorgeschichte scheint mir die Vorstellung, es nach Putin mit einem „pflegeleichten“ westorientierten Staatschef zu tun zu haben, reichlich naiv zu sein. Es spricht in der Tat sehr viel dafür, dass es eher härter, konfrontativer und unversöhnlicher wird. Der Druck der Hardliner auf den derzeitigen russischen Präsidenten ist ja jetzt schon groß genug.

elbgeflüster®: Was auffällt: Seit dem Krieg und der Ampel-Regierung driften Ost und West wieder auseinander. Womit hängt das Ihrer Meinung nach zusammen?
Gabriele Krone Schmalz: Das Auseinanderdriften hat schon sehr viel früher eingesetzt und sich schubweise verstärkt. Die Gründe dafür sind vielschichtig und nicht so ohne weiteres in kurzen Sätzen abzuhandeln. Aber einen wesentlichen Grund sehe ich in der Tatsache, dass sich durch die Aufnahme osteuropäischer Länder sowohl in die EU als auch in die NATO, die Probleme dieser Länder mit Moskau, die alle aus sowjetischen Zeiten noch offene Rechnungen mit Moskau haben, in diese Institutionen hineingefressen haben. Da stehen die Zeichen auf Konfrontation und nicht auf Kooperation. Und – eine gedeihliche Zusammenarbeit auf dem eurasischen Kontinent, die Russland einschließt, lag noch nie im Interesse der USA. Das lässt sich den diversen Strategiepapieren der USA entnehmen.

elbgeflüster®: Schenken Sie uns zum Abschluss bitte noch eine Lebensweisheit.
Gabriele Krone Schmalz: Eigentlich gibt es zwei Lebensweisheiten, die mir viel bedeuten. Die eine: Möge ich die Kraft haben, die Dinge zu ertragen, die nicht zu ändern sind, möge ich den Mut haben, die Dinge zu ändern, die zu ändern sind und möge ich die Weisheit haben, das eine vom anderen zu unterscheiden. Der zweite Spruch ist kürzer. Ich halte es mit der Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach: Die Gelassenheit ist eine anmutige Form des Selbstbewusstseins.

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Wir verlosen unter allen Teilnehmern 1 x 2 Freikarten.

Mitmachen ist denkbar einfach: Schicken Sie eine E-Mail mit dem Betreff „Gabriele Krone Schmalz“ sowie Ihre Kontaktdaten an: gewinnspiel (at) elbgefluester.de oder senden Sie eine Postkarte mit dem Stichwort „Gabriele Krone Schmalz“ an Elbgeflüster, Goethestr. 81, 01587 Riesa. Bitte eine Telefonnummer nicht vergessen. Einsendeschluss: 22.10.23. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

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