Interview mit Wladimir Kaminer

„Leider verstehen viele nicht, dass der Krieg bereits in Deutschland angekommen ist!“

Der gebürtige Russe Wladimir Kaminer wird am 28. April um 19.30 Uhr in der Stadthalle „stern“ im Rahmen seiner „Der verlorene Sommer“-Tour aus aktuellen Anlass auch zum Ukrainekrieg Stellung nehmen.


elbgeflüster®: Sind Sie aktuell ein gefragter Gesprächspartner?
Wladimir Kaminer: Ja, und es auch nachvollziehbar, denn ich bin aktuell beinahe der einzige Russe, der für deutsche Medien ansprechbar ist und der in diesem Informationskrieg erzählen kann, was mit Russland los ist. Zahlreiche Menschen sind derzeit auf der Flucht, auch Russen. Bei meinen Reisen durch Deutschland ist mir aufgefallen, wie viele Flüchtlinge russisch sprechen. Viele Russen in Deutschland schauen regelmäßig russische TV-Sender und deren Informationen haben Auswirkungen wie eine Atombombe. Alle liberalen prowestlichen russischen Journalisten sind geflohen und sie bräuchten hier eine Plattform, um die Öffentlichkeit zu erreichen. Viele Russen kämpfen zudem in Kiew gegen ihr Heimatland. Europäische Medien haben das aber noch nicht begriffen und hier versuche ich Aufklärungsarbeit zu leisten, um Putins Propagandakrieg etwas entgegenzusetzen.

elbgeflüster®: Gab es zuletzt kritische Töne bei Ihnen, da Sie sowjetischer Abstammung sind?
Wladimir Kaminer: Nicht wirklich. Ich habe aber einige Hassmails von verwirrten Deutschen bekommen, die in jedem Russen einen Feind sehen, aber das meiste Mobbing ist politisch gesteuerter Fake, um die russischsprachigen in Deutschland zu verunsichern und die Position von Putins Regime zu stärken. Leider verstehen viele nicht, dass der Krieg bereits in Deutschland angekommen ist und Vergleiche zu anderen Kriegen von den USA oder Russland bringen uns alle auch nicht weiter. Der aktuelle Krieg ist ein Krieg von Freiheit gegen Totalitarismus, in den immer mehr Länder hineingezogen werden können. Ich hoffe aber natürlich, dass das nicht passiert.

elbgeflüster®: Inwiefern hat das aktuelle politische Geschehen Einfluss auf Ihr aktuelles Programm?
Wladimir Kaminer: Es gibt auf jeden Fall Redebedarf. Ich freue mich aber auf jeden Fall auf diese Lesung, denn nach den Ausfällen durch Corona gibt es nun für viele Russen Absagen. Ich wurde für den Elbe Day in Torgau zum Beispiel wieder ausgeladen. Vermutlich findet der Elbe Day, an dem sich die Russen und die Amerikaner gegen Kriegsende in Torgau trafen, dieses Jahr gar nicht mehr statt. Ich habe dem Veranstalter sogar angeboten eine „Ukrainedisco“ zu machen.

elbgeflüster®: In Ihrem Programm „Der verlorene Sommer“ versuchen Sie Corona mit einem Augenzwinkern auch etwas Positives abzugewinnen. Was nehmen Sie aus der Zeit vor allem mit?
Wladimir Kaminer: Diese Zeit zeigte mir, wie biegsam Menschen sind und wie schnell sich die Vorstellung vom perfekten Leben ändern kann. Auch jetzt wieder. Da wir gerade auch einen russischen Bürgerkrieg erleben, sehe ich darin auch große Chance für positive Veränderungen für das Land. Der Konflikt wird zwar außerhalb des Landes ausgetragen, aber viele Russen sind unglücklich mit den politischen Verhältnissen im Land und wünschen sich gravierende Veränderungen.

elbgeflüster®: Krieg in der Ukraine, Pandemie und Erderwärmung. In einem Interview meinten Sie, dass Sie gerne die Zeit zurückdrehen würden, damit alles wieder so wäre wie früher. Wie weit müssten wir denn kurbeln, um noch etwas ändern zu können?
Wladimir Kaminer: Weitreichende Veränderungen waren 1991 möglich. Damals wurde Russland aber an einer einsamen Kreuzung einfach zurückgelassen und von falschen Männern abgeholt. Veränderungen sind aber noch möglich, besser spät als nie.

elbgeflüster®: Schenken Sie uns zum Abschluss bitte noch eine Lebensweisheit.
Wladimir Kaminer: Niemals in Panik geraten, denn Angst ist ein schlechter Ratgeber. Es gibt immer eine Lösung, einen Ausweg oder ein Loch im Zaun.

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Mitmachen ist denkbar einfach: Schicken Sie eine E-Mail mit dem Betreff „Wladimir Kaminer“ sowie Ihre Kontaktdaten an: gewinnspiel (at) elbgefluester.de oder senden Sie eine Postkarte mit dem Stichwort „Wladimir Kaminer“ an Elbgeflüster, Goethestr. 81, 01587 Riesa. Bitte eine Telefonnummer nicht vergessen. Einsendeschluss: 22.04.22. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Foto: ZDF

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